Geschichte der Samsonschule

„Die Geschichte der Samson’schen Freischule ist im kleinen die jüdische Kulturgeschichte …“

 

Anfänge

Um den Söhnen der weitverzweigten Samsonfamilie eine Ausbildung außerhalb des Elternhauses zu ermöglichen, wurde 1786 eine Talmud-Tora-Schule (Bet ha-Midrasch) eröffnet, in der die Zöglinge auch lebten. 

Die Schüler sollten durch die religiösen Unter weisungen eine Grundlage für den weiteren Lebensweg erhalten. Philipp Samson, Bruder des Braunschweiger Kammeragenten Herz Samson, hatte die finanziellen Mittel bereitgestellt, um den Schulbetrieb langfristig zu gewährleisten. 

Unterwiesen wurden die Zöglinge von Rabbinern. Einer der ersten war Rabbi Jacob Mendel aus Lublin. Der Stundenplan beinhaltete hauptsächlich das Studium des Talmuds nebst anderen religiösen Schriften, nur einige wenige Stunden waren den Fächern Deutsch und Rechnen gewidmet.

Erste Reformen

1807 wurde das Lehrhaus unter dem Namen Samson’sche Freischule zu einer Elementarschule erweitert, um „Kindern armer Eltern einige Bildung zu geben und sie für den Bürgerstand zu erziehen“, so betonte es der neue Direktor Samuel Meyer Ehrenberg in seiner Antrittsrede. 

Er war selbst einst Schüler an der Schule und sollte den Schulbetrieb reformieren. Neben den religiösen Schriften und Hebräisch wurden nun hauptsächlich säkulare Fächer unterrichtet, vor allem Deutsch, um den Schülern eine uneingeschränkte Teilhabe an der allgemeinen Gesellschaft und eine berufliche Zukunft zu ermöglichen. Neben Religion, Hebräisch und Deutsch unterrichtete Ehrenberg auch „Declamation, Geschichte und Rechnen“, wie sich der damalige Schüler Leopold Zunz erinnert. 

Israel Jacobson, ein Wegbereiter des Reformjudentums, hatte bereits 1801 in Seesen eine entsprechende Schule gegründet und nahm auch Einfluss auf die Samsonschule, nicht zuletzt, da er Samuel Meyer Ehrenberg als neuen Direktor empfahl.

 

Kommißstraße 

Von der „Freischule“ zur staatlich anerkannten Realschule 

Waren es zu Beginn gerade einmal acht Schüler, die die jüdische Schule besuchten, so stiegen die Schülerzahlen rapide an und neben den Zöglingen, die kostenlos Aufnahme gefunden hatten (Freischüler), wurden ab 1813 auch zahlende Pensionsschüler aufgenommen. Seither wurde der Unterricht zweiklassig abgehalten. Im Jahr 1843 konnte Samuel Meyer Ehrenberg auf 183 Schüler verweisen, die ihre Schulbildung an der Samsonschule erhalten hatten. 

In jenem Jahr wurde der Name „Freischule“ abgelegt und die Lehranstalt firmierte fortan nur noch unter dem Namen „Samsonschule“. Ab 1881 nahm die Schule auch christliche Schüler auf und erhielt 1888 den Status einer staatlich anerkannten Realschule. 

Wie das „Wolfenbütteler Kreisblatt“ Anfang Juni 1886 anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Samsonschule berichtet hatte, nahmen zahlreiche Honoratioren aus der Gesellschaft an den Feierlichkeiten teil, außerdem „ehemalige Zöglinge der Anstalt, zum Teil aus weiter Ferne (London, New York)“. 

Viele der ehemaligen Samsonschüler hatten es in ihrem Berufsleben zu Amt und Würden gebracht. Laut einer statistischen Untersuchung von Philipp Ehrenberg, die er bereits 1843 vorgelegt hatte, wurden aus den rund 200 Schülern, die seit Gründung die Schule absolviert hatten, „73 Fabrikanten, Contoristen und Kaufleute“, „34 Künstler und Handwerker“, „23 Lehrer an Schulen und Universitäten“, „8 Ärzte, 2 Apotheker, 2 Ökonomen“ sowie jeweils ein Schüler „Chemiker und Advokat“.

 

Neuer Weg

Neubau 

Die weit über die Grenzen Wolfenbüttels hinausreichende Bekanntheit der Schule führte zu stetig wachsenden Schülerzahlen, insbesondere aus entfernteren Regionen, was Ende der 1880er-Jahre erneut eine räumliche Erweiterung der Samson schule erforderte. 1893 erwarb der Samsonsche Legatenfonds ein fast ein Hektar großes Grundstück am nördlichen Ortsaus gang. In knapp 18 Monaten wurde ein imposanter Backsteinbau errichtet, der Platz für etwa 150 Schüler bot.

Krisenjahre 

Im Zuge der Wirtschaftskrise und der enorm ansteigenden Inflation kam auch die Samsonschule in große Schwierigkeiten. Vielen Eltern war es kaum mehr möglich, das steigende Schulgeld zu zahlen, da seit 1922 eine Hyperinflation grassierte, und auch der Samsonsche Legatenfonds, der 1910 noch auf ein stattliches Stiftungs kapital von 1 Million Mark zurückgreifen konnte, musste einen massiven Verlust des Geldwertes hinnehmen.

Schließung 

Trotz großer Unterstützung ehemaliger Schüler, die der Samsonschule nach ihrem Abgang und Einstieg ins Berufsleben treu blieben, konnte sich die Schule wirtschaftlich nicht mehr tragen. Die Schulleitung hatte bereits 1927 versucht, mit neuen Schwer punkten, so beispielsweise der Einrichtung einer Handelsklasse, neue Schüler zu gewinnen. Zum vierten Quartal des Jahres 1928 wurde der Schulbetrieb eingestellt und das Ministerium für Volksbildung über die Schulschließung informiert.

Erbe 

Die 142-jährige Geschichte dieser besonderen Bildungseinrichtung, eröffnet 1786 als Religionsschule (Bet ha-Midrasch), reformiert zur jüdischen Freischule und erweitert bis zu einer staatlich anerkannten Realschule, die ab 1881 auch christliche Schüler aufnahm, endete 1928 abrupt. Nach unterschiedlichen Nutzungen konnte das historisch einzigartige Gebäude wieder an seine einstige Funktion anknüpfen und bietet seit 2025 jungen Menschen in Ausbildung und Studium aus aller Welt einen Wohn-, aber auch einen Lern- und Denkort.

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